
Von Anfang an richtig beißen: Warum der Kiefer früh Aufmerksamkeit verdient.
Max ist sechs Jahre alt. Eigentlich ein fröhlicher Junge, doch beim Essen wird es kompliziert: Er kann nicht richtig zubeißen. Die unteren Schneidezähne schieben sich vor die oberen. Seine Eltern wundern sich – ist das normal in dem Alter? Die Antwort lautet: nicht unbedingt.
Lisa ist sieben. Ihre Mutter berichtet, dass sie nachts unruhig schläft, schnarcht und tagsüber oft müde ist. Sie atmet fast ausschließlich durch den Mund. Beim Kinderarzt heißt es: vergrößerte Mandeln, ständige Infekte. Was wenige wissen: Die Ursache könnte im Kiefer liegen. Ein zu schmaler Oberkiefer verengt die Atemwege und zwingt Kinder zur Mundatmung.
Diese beiden Beispiele zeigen, wie unterschiedlich sich ein schmaler Oberkiefer bemerkbar machen kann – und wie wichtig es ist, frühzeitig genau hinzuschauen.
Was genau ist eine Oberkiefererweiterung?
Die Oberkiefererweiterung ist eine kieferorthopädische Methode, mit der der zu schmale Oberkiefer bei Kindern sanft verbreitert wird. Dabei wird das natürliche Wachstum genutzt, um den Oberkieferknochen auseinanderzubewegen – bevor sich die Gaumennaht verknöchert. Dadurch entsteht mehr Platz für bleibende Zähne, die Atmung verbessert sich, und das Gesichtsprofil kann sich harmonisch entwickeln.
Je früher die Behandlung beginnt, desto einfacher und nachhaltiger kann sie wirken. Besonders effektiv ist die Oberkiefererweiterung im Alter zwischen 6 und 10 Jahren.
Transversale und sagittale Erweiterung des Oberkiefers: Was ist der Unterschied?
In der Kieferorthopädie unterscheidet man zwischen zwei wichtigen Richtungen der Oberkiefererweiterung:
• Transversale Erweiterung: Hierbei wird der Oberkiefer seitlich, also in der Breite, erweitert. Diese Form ist am häufigsten und wird z. B. bei Kreuzbissen, schmalem Gaumen oder Engstand im Seitenzahnbereich angewendet. Ziel ist es, mehr Platz für die Zähne zu schaffen und die Atemwege zu erweitern.
• Sagittale Erweiterung: Diese Erweiterung betrifft die vordere-rückwärtige Richtung des Kiefers. Sie kommt zum Einsatz, wenn z. B. der Oberkiefer im Vergleich zum Unterkiefer zu weit hinten liegt (Rückbisslage). Hierbei geht es nicht nur um Platz, sondern um die Verbesserung der Verzahnung und des Profils.
Beide Erweiterungsformen können kombiniert werden, je nach individuellem Befund. Die Entscheidung trifft stets die Fachzahnärztin oder der Fachzahnarzt nach eingehender Diagnostik.
Welche Anzeichen sollten Eltern ernst nehmen?
• Kreuzbiss (die unteren Zähne stehen außerhalb der oberen)
• Offener Biss (die Frontzähne berühren sich beim Zubeißen nicht)
• Engstand der Zähne
• Mundatmung
• Häufige Erkältungen oder vergrößerte Mandeln
• Schnarchen oder unruhiger Schlaf
Diese Hinweise müssen nicht immer mit dem Kiefer zusammenhängen – aber sie sollten abgeklärt werden. Ein Fachzahnarzt oder eine Fachzahnärztin für Kieferorthopädie kann durch eine frühzeitige Diagnostik Klarheit schaffen. Ein Kreuzbiss – bei dem die unteren Zähne beim Zubeißen außerhalb der oberen liegen – zählt zu den häufigsten Gründen für eine Oberkiefererweiterung.
Ein Kreuzbiss sollte frühzeitig kieferorthopädisch behandelt werden, da er das Kieferwachstum dauerhaft beeinflussen und funktionelle Probleme verursachen kann.
Wie läuft eine frühzeitige Oberkiefererweiterung ab?
Nach einer eingehenden Untersuchung (inklusive Röntgenbild und 3D-Scan) wird ein individueller Behandlungsplan erstellt. Die Erweiterung erfolgt meist mit einem festsitzenden kieferorthopädischen Gerät, das in der Mitte des Gaumens sitzt. Durch schrittweises Aktivieren wird die Gaumennaht sanft gedehnt. Die aktive Phase dauert in der Regel wenige Wochen, gefolgt von einer Stabilisationsphase, in der das Ergebnis gesichert wird.
Wichtig: Die Behandlung ist nicht schmerzhaft, aber es kann zu leichtem Druckgefühl kommen – vor allem am Anfang.
Was bringt die Behandlung langfristig?
• Platz für alle bleibenden Zähne
• Verbesserung der Nasenatmung
• Reduktion von Infekten durch Wegfall der Mundatmung
• Harmonischere Kiefer- und Gesichtsproportionen
• Geringeres Risiko für spätere, invasive Behandlungen (z. B. Zahnentfernungen oder Operationen)
Fazit: Wer früh erkennt, kann sanft korrigieren
Die frühzeitige Oberkiefererweiterung ist eine wirkungsvolle Methode, um die Weichen für eine gesunde Gebissentwicklung zu stellen. Für Max kann das heißen: endlich richtig zubeißen. Für Lisa: endlich frei durchatmen. Und für Eltern: die Sicherheit, das Richtige getan zu haben – frühzeitig und fachlich begleitet.
Grundlegende Informationen zu zahnmedizinischen Fachrichtungen bietet die Bundeszahnärztekammer.
Wenn kleine Münder Hilfe brauchen, zählt vor allem eins: die rechtzeitige Vorstellung bei einem Fachzahnarzt oder einer Fachzahnärztin für Kieferorthopädie.