Dr. Thorsten Brandt, Irina Buck, Carmen Gunkel, MSc
Die hier vorgestellte neue Kephalometrieanalyse mit mobiler Kopfkappe stellt eine Alternative zum 3D-Volumentomogramm wie der Digitalen Volumentomografie (DVT) dar. Wegen der erhöhten Strahlenbelastung scheint nach der offiziellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) aus 2008 (Prof. Dr. Ursula Hirschfelder, Universitätsklinikum Erlangen) die DVT aufgrund der fehlenden rechtfertigenden Indikation nach der neuen Röntgenverordnung von 2003 nicht für die Kieferorthopädie von Kindern geeignet zu sein. 3D-Techniken – mit und ohne Röntgen – lösen die klassischen 2D-Analysen jedoch schon heute an Universitäten ab.
Als internationale Universität sei hier beispielhaft die Tufts University School of Dental Medicine (US-Boston) genannt. Hier wurden bereits im Jahr 2007 die 2D-Röntgengeräte gegen 3D-Röntgensysteme ausgetauscht und die Kieferorthopäden werden seither ausschließlich in 3D-Diagnose ausgebildet. Die Fakultät für Zahnmedizin der Universität Damaskus (SYR-Damaskus) hat für die noch im Wachstum befindlichen Patienten die 3D-Technik noXrayCeph (Orthotec, E-Palma de Mallorca) eingeführt, die statt mit Röntgenstrahlen mit einem Magnetfeld arbeitet. Mit dieser können im 1:1-Maßstab im dreidimensionalen Raum verzerrungsfrei Relationen bestimmt werden.
Strahlenbelastung

Neue, moderne 3D-Methoden ersetzen heute die bereits 87 Jahre alte 2D-Fernröntgentechnik. Diese wird allerdings hinsichtlich der Strahlenbelastung bei Nutzung von beispielsweise dem DVT GALILEOS (Sirona Dental Systems, D-Bensheim) um den Faktor 27 (2,5 mSv) und von anderen Techniken mit 10 mSv ebenfalls deutlich übertroffen. Zum Vergleich: In der Schweiz galten 20 mSv als Lebensdosis für Kraftwerker. Die Jahreshöchstdosis für Zivilisten beträgt 1 Sv und entspricht einem fünfstündigen Aufenthalt neben einem verstrahlten Stahlblock aus dem Reaktor des Kernkraftwerks Greifswald. Für ein digitales Fernröntgenseitenbild (FRS) werden 0,05-0,5 mSv gemessen und für die Darstellung von Hart- und Weichteilen empfahl Prof. Dr. Dieter Drescher im Jahr 2000 jeweils zwei FRS bei demselben Patienten mit unterschiedlichen kV-Werten durchzuführen. Auch nach der neuen Röntgenverordnung und angesichts der Tatsache, dass der lebenslange Memoryeffekt inzwischen bekannt ist, empfiehlt Prof. Dr. Drescher in der neuen Ausgabe von 2005 nach wie vor die Erstellung zweier FRS. Dies entspricht dann 1-2,2 mSv oder auch einem Aufenthalt von bis zu elf Stunden neben dem Reaktorstahl von Greifswald (200 mSv/h).

Nach der Stellungnahme von Prof. Dr. Hirschfelder aus dem Jahr 2007 hat die 3D-Bildgebung die zahnmedizinische Diagnostik zwar revolutioniert und gilt seit 2003 als Goldstandard in der Kieferorthopädie, obwohl die Verzerrung 5 % beträgt und nicht linear nachvollziehbar ist, da es keinen fixen Zentralstrahl (ZS) gibt. Voraussetzung für die Nutzung entsprechender Technologien sei jedoch, dass eine rechtfertigende Indikation für die hierdurch erhöhte Strahlenbelastung besteht. Insbesondere der Memoryeffekt bei blutbildenden Zellen, betroffen sind vor allem jugendliche Patienten, ist der Grund, aus dem die neue Röntgenverordnung den Arzt im § 23 verpflichtet, sich über mögliche Alternativen zum Röntgen zu erkundigen und, falls existent, dann auch anzuwenden. Zu Recht, denn Deutschland hat mittlerweile mehr Strahlenopfer aufgrund von Röntgendiagnosen als Opfer durch Verkehrsunfälle zu beklagen.
Magnetfeld statt Röntgenstrahlen

Im Gegensatz zu den bisher verwendeten, auf Röntgenstrahlen basierenden 3D-Analysemethoden, kommt noXrayCeph ohne Röntgenstrahlen aus. Diese Technik kann als röntgenfreie Alternative zur klassischen 2D- sowie zur 3D-Kephalometrie verwendet werden.
Die neue Kephalometrie-Methode basiert auf der dreidimensionalen Registrierung im Magnetfeld. Die mobile Kopfkappe aus Karbon (Cephostat) in Kombination mit einem 3D-Magnetscanner stellt eine digitale Darstellungs- und Kephalometrieauswertungstechnik für die kieferorthopädische Diagnostik, Behandlungsplanung und Beurteilungen von Behandlungsergebnissen dar. Durch die 1:1-Registrierung entfallen die systematischen Fehler der Röntgentechnik, durch die deren Aussage gemindert wird.

Fehlerquellen
Eines der Probleme der herkömmlichen Kephalometrie ist die exakte und reproduzierbare Positionierung des Kopfes im Kephalostat und deren Überprüfbarkeit. Denn die reproduzierbare Positionierung im Kephalostat stellt nach Young-Jooh et al. ein wichtiges Kriterium für die Aussagekraft eines Röntgenbildes dar. Nur in dem selten auftretenden Idealfall ist die Positionierung des Projektionsobjektes senkrecht zum ZS.
Mit dem neuen noXrayCeph-System werden die wesentlichen Fehlerquellen, die bei einer Bestrahlung und deren Verzeichnung bestehen, ausgeschlossen: Bewegungen während der Registrierung (Aufnahme) haben keinen Einfluss auf die digitale Konstruktion des Kephalogramms (Abb. 1 und 2). Des Weiteren wird die Projektion vereinheitlicht und in einem der Natur entsprechendem Maßstab von 1:1 abgebildet. Dies war mit bisherigen Techniken nicht möglich, da verschiedene Kopf-Folien-Abstände zwischen 15 cm und 30 cm und Röhrenabstände von 1 m bis 4 m mit Verzeichnungen von 3,6 % bis 17,6 % nicht nur die Vergleichbarkeit erschwerten, sondern auch die Aufnahme als solche ungleich verzerrten (Abb. 3). Abbildung 4 zeigt die Verzerrung im FRS bei einem Standardabstand von 150 cm zwischen Fokus und Objekt.
Durch Bemühungen, die Verzeichnung so gering wie möglich zu gestalten, ergibt sich ein größerer Film-Röntgenröhren-Abstand und Belichtungszeit sowie Strahlendosis steigen. Zudem wächst mit der höheren Belichtungszeit auch die Gefahr einer Verwacklung, die zu einer Unschärfe des Bildes oder einem Doppelbild führen kann. Obwohl die Aufnahme nicht auswertbar ist, wird in solchen Fällen aber, um eine weitere Strahlenbelastung zu vermeiden, auf eine zweite Aufnahme verzichtet.
Da diese Fehlerquellen bei Nutzung der mobilen Kopfkappe entfällt, liegt der Hauptvorteil der Kephalometrie ohne Röntgenstrahlen in der jeweils individuellen Darstellung einer Projektionsebene in der Schädelmitte. Eine mögliche Fehlerquelle bei der Vermessung mit der mobilen Kopfkappe aus Karbon ist jedoch deren Verrutschen während der Messung, da diese ultraleicht ist. Wenn eine Verschiebung während der Messung ausgeschlossen wird, ist die jeweilige Position auf dem Kopf ohne Einfluss auf das Messergebnis, da sich das System eigenständig kalibriert. Das System findet durch die Eingabe der anatomischen Punkte seine jeweilige Projektionsebene. Somit liegt der Hauptvorteil in der Reproduzierbarkeit der Messungen.
Diese Reproduzierbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit mit der Vermessung eines Röntgenbildes überprüft. Da die digitale Strichzeichnung des Schädelaufbaus durch die automatische kephalometrische Auswertung berechnet wird, entfallen die bei der Fernröntgendurchzeichnung üblichen Messfehler durch die Übertragung von dem Röntgenbild. Somit wird die direkte Digitalisierung am Patienten mit der Vermessung eines Röntgenbildes verglichen, wobei die Fehler bei der Herstellung des Röntgenbildes in dieser Untersuchung nicht erfasst werden können.
Ziel der Untersuchung
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die diagnostische Aussagekraft der computergestützten Analyse mit der mobilen Kopfkappe zu bewerten. Um die Eignung dieser Methode für die kephalometrische Analyse für Diagnostik und Planung zu belegen, wurden die kephalometrischen Messungen mit dem noXrayCeph-System mit den Ergebnissen von computerunterstützten Auswertungen des FRS verglichen. Analysiert wurde die Reproduzierbarkeit der Messpunkte bei direkt aufeinander folgenden Messungen und bei an verschiedenen Tagen durch-geführten Vermessungen mit dem System. Außerdem sollte überprüft werden, ob die Messungen, die durch zwei verschiedene Untersucher durchgeführt werden, miteinander korrelieren.
Material und Methoden

Nachfolgend werden die Grundbestandteile des noXrayCeph-Systems vorgestellt (Abb. 5):
- noXrayCeph-Scanner – Für die Bestimmung der Position der Referenzpunkte kommt ein elektromagnetisches Tracking-System (in Lizenz) von EMC Deutschland (D.-Schwalbach/Taunus) zum Einsatz. Der Scanner nutzt das Prinzip der elektromagnetischen Feldkopplung aus. Die Position und Orientierung von Sensoren im Raum wird mit sechs Freiheitsgraden bestimmt – die drei x-, y- und z-Koordinaten des kartesischen Koordinatensystem für die Position sowie Azimut, Elevation und Roll für die Orientierung.
- Messstift – Der Messstift, der über einen integrierten Handschalter verfügt, arbeitet wie ein elektromagnetischer Sensor.
- Cephostat – Die mobile Karbon-Kopfkappe ist die Source und arbeitet als Transmitter, der aus drei elektromagnetischen Spiralen besteht, welche ein elektromagnetisches Feld erzeugen. Über mehrere Empfängerspulen wird das Signal des Messstifts empfangen. Die Karbon-Kopfkappe ist auf dem Kopf fixiert und erlaubt die Bewegungsfreiheit des Patienten.
- Computer mit dem Betriebssystem Microsoft Windows XP 1 home / professional oder Vista
- DirectCeph – Für die Erfassung der Punkte und deren Ausgabe wurde ein spezielles Computerprogramm entwickelt.

Messvorgang
Für den Messvorgang wird zunächst das Programm DirectCeph® auf dem Computer gestartet und der noXrayCeph®-Dongle sowie der Scanner per systemzugehörigem optischem USB-Kabel und medizinischem Netzteil (Erfordernis des Medizinproduktgesetzes) angeschlossen. Anschließend wird die Karbon-Kopfkappe auf dem Patientenkopf platziert. Die 55 anatomischen Punkte werden mit dem Mess- stift intra- und extraoral angesteuert und durch Betätigen des Auslösers registriert (Abb. 6).

Nach dem Messen werden die Punkte gesichert und das System berechnet die Frankfurter und Rickettsanalyse auf die für jede Messung individuell neu erfasste Mittsagittalebene. So wird quasi bei jedem Mal eine neue Ebene konstruiert, die somit unabhängig von der Kappenposition ist. Diese darf nur während der Messung nicht verändert werden. Falls während der Messung eine Verschiebung auftritt, muss der Vorgang wiederholt werden. Der Nachteil hierbei besteht lediglich im erhöhten Zeitaufwand, da die Wiederholung nicht wie eine erneute Röntgenaufnahme gesundheitliche Schäden hervorrufen kann. Die Zeichnung kann bei Mehrfachmessungen oder Verlaufkontrollen übereinander gelegt werden. Jede Wiederholungsmessung ist somit vergleichbar mit einem Wiederholungsbild und einer erneuten Auswertung 1 (Abb. 7).
Die mithilfe des Messstifts gespeicherten Koordinaten sind relativ zum Transmitter in der Kopfkappe eingegeben. Die aufzunehmenden Punkte werden dem Anwender akustisch angesagt. Die Reihenfolge der zu messenden Punkte lautet:
Punkt 1 : Tragus rechts | Punkt 2 : Orbita rechts Punkt 3 : Supraorbitale rechts | Punkt 3b : Supraorbitale links | Punkt 4 : Nasion, komprimiert | Punkt : 5 : Tragus links | Punkt 6 : SM, Schädelmitte | Punkt 7 : HK, tiefste Einziehung am Schädelhinterkopf | Punkt 8 : Trichion, Haaransatz | Punkt 9 : Glabella | Punkt 10 : Nasion, Weichteilpunkt | Punkt 11 : BNS, Nasenbrücke | Punkt 12 : 5 mm vor der Nasenspitze | Punkt 13 : Nasenspitze | Punkt 14 : 5 mm hinter der Nasen- spitze | Punkt 15 : Subnasale | Punkt 16 : Weichteil A-Punkt | Punkt 17 : UL Oberlippenrot | Punkt 18 : Mitte Oberlippenrot | Punkt 19 : Stomium | Punkt 20 : Mitte unteres Lippenrot | Punkt 21 : LL (Lower Lip), unteres Lippenrot | Punkt 22 : Mitte zwischen LL und Weichteil B-Punkt | Punkt 23 : Weichteil B-Punkt | Punkt 24 : Zwischen Weichteil B- Punkt und Pogonium | Punkt 25 : W Po, Weichteil-Pogonion | Punkt 26 : Weichteilgnathion | Punkt 27 : Weichteilmenton Punkt 28 : 1. Zervikalfalte | Punkt 29 : Pogonion, komprimiert bei geschlossenem Biss | Punkt 30 : Gna- thion, komprimiert bei geschlossenem Biss | Punkt 31 : Menton, komprimiert bei geschlossenen Mund | Punkt 32 : IM, Incisura maseterica bei geschlossenem Mund | Punkt 33 : Tangente distal am horizontalen Unterkieferast | Punkt 34 : Gonion bei geschlossenem Mund | Punkt 35 : Artikulare, Tangente vertikaler Ast bei geschlossenem Mund | Punkt 29a : Pogonion links, komprimiert bei geschlossenem Biss | Punkt 30a : Gnathion links, komprimiert bei geschlossenem Biss | Punkt 3la : Menton links, komprimiert bei geschlossenen Mund | Punkt 32 : IM links, Incisura maseterica bei geschlossenem Mund | Punkt 33a : Tangente distal am horizontalen Unterkieferast links | Punkt 34a : Gonion bei geschlossenem Mund links | Punkt 35a : Artikulare, Tangente vertikaler Ast bei geschlossenem Mund links | Punkt 36 : A-Punkt rechts | Punkt 36a : A-Punkt links | Punkt 37 : Inzisalpunkt 11 | Punkt 38 : Inzisalpunkt 21 | Punkt 39 : Zahn 11, weitester labialer Punkt des Schmelzes | Punkt 40 : Zahn 21, weitester labialer Punkt des Schmelzes | Punkt 41 : Zahn 11, vestibuläre Schmelz-Zement-Grenze | Punkt 4la : Zahn 21, vestibuläre Schmelz-Zement-Grenze | Punkt 42 : Palpilla Incisiva | Punkt 43 : Raphe mediana | Punkt 44 : Mesialer Kontaktpunkt 16 | Punkt 45 : Mesialer Kon- taktpunkt 46 bei geschlossenem Mund | Punkt 46 : Mitte der 1. Prämolaren-Spitzen bei geschlossenem Mund rechts | Punkt 47 : Projektion auf die vestibuläre Fläche von Zahnpunkt 41 bei geschlossenem Mund Punkt 48 : Schmelz-Zement-Grenze Zahn 41 bei geschlossenem Mund | Punkt 49 : B-Punkt, geschlos- sener Mund | Punkt 44a : Mesialer Kontaktpunkt 26 Punkt 45a : Mesialer Kontaktpunkt 36 bei geschlossenem Mund | Punkt 46a : Mitte der 1. Prämolaren- Spitzen bei geschlossenem Mund links | Punkt 47a : Projektion auf die vestibuläre Fläche von Zahn 41 bei geschlossenem Mund | Punkt 48a : Schmelz-Zement- Grenze Zahn 31 bei geschlossenem Mund | Punkt 49a : B-Punkt , geschlossener Mund über der Wurzel 31 | Punkt 50 : Inzisalkante 41 Mitte mit Beißblock | Punkt 50a : Inzisalkante 31 Mitte mit Beißblock | Punkt 51 : Verstibuläre Schmelz-Zement-Grenze 41 mit Beißblock | Punkt : 52 : B-Punkt mit Beißblock | Punkt 53 : Menton rechts , komprimiert mit Beißblock Punkt 54 : Tangente am horizontalen Ast rechts mit Beißblock | Punkt 55 : Infraorbitalpunkt links .
Für die Vergleichsstudie der Röntgenbildauswertung wurde das kephalometrische Analyseverfahren nach Steiner und die Analyse nach Ricketts gewählt .
2D-Softwareanalyse des FRS
Die angulären und linearen Messwerte wurden mit der Software QuickCeph2000® ( Quick Ceph Systems , US – San Diego ) bestimmt .
Probanden
Um die Reproduzierbarkeit der gemessenen Werte zu untersuchen , wurden ein männlicher Proband ( Proband 1 ) sowie eine weibliche Probandin ( Proband 2 ) ausgewählt . Bei beiden wurden jeweils elf Messungen von zwei verschiedenen Untersuchern mit dem röntgenfreien System durchgeführt . Es wurde ein FRS von Proband I angefertigt und mit dem Programm QuickCeph2000® ausgewertet . Proband 2 wurde jeweils an drei verschiedenen Tagen vermessen . Die Untersuchungen fanden an hintereinander folgenden Tagen statt : Drei Messungen erfolgten am ersten Tag und jeweils vier am zweiten und dritten Tag.
Statistische Methoden
Die statistische Auswertung der Ergebnisse erfolgte mit dem Programm Microsoft Excel für Windows. Für die Referenzwerte wurden der Mittelwert (MEAN) und die Standardabweichung (SD) berechnet. Die Unterschiede wurden zwischen der Auswertung der FRS und mittels n des Programms noXrayCeph® erhoben. Die Messwerte wurden mit einem U-Test nach Mann-Whitney für unabhängige Stichproben analysiert. Das Signifikanzniveau wurde auf p = 0,005 festgelegt.
Ergebnisse
Die Untersuchung ergab, dass sowohl das noXrayCeph-System als auch das QuickCeph2000-Programm reliable Messwerte lieferte. Tabelle I zeigt die Differenzen zwischen den Mittelwerten der ke-phalometrischen Variablen. Zudem wurden die Standardabweichungen für die Messwerte berechnet.


Klassifikation der Abweichungen der FRS nach Brandt-Gunkel

Berechnung Vergrößerung:
Zentralstrahl – S im FRS 150 cm : 17 cm = 13.33 %
noXrayCeph® = 42 mm, im FRS = 46,76 mm
go right 150 cm : 24,5 cm = 16,33 %
noXrayCeph® = 81 mm, im FRS = 94,96 mm
Zentralstrahl – N und Zentralstrahl – Sella
Für cranial-caudale Messungen ist
X : y
3,3 cm : 2,5 cm fern
2,1 cm : 3 cm nah
Durch die Klassifizierung können die Abweichungen im Fernröntgenbild direkt den noXrayCeph®-Werten zugeordnet werden. Dies erhöht die Vergleichbarkeit von Fernröntgenbildern und noXrayCeph®-Auswertungen in der 1:1-Projektion (Abb. B).
Klasse I – Abweichungen: Winkelmessungen
VI Abweichungen mit geringen Einfluss
Vom Z5 entfernte Winkel mit entferntem kurzen Schenkel: Winkel zu Bezugspunkten in der Nähe des Z5, stellvertretend steht der Winkel SNA: sieben Messungen mit QuickCeph® 2000 MW 74,37 (SD 0,34) / all Messungen mit noXrayCeph® DirectCeph® MW 74,61 (SD 1,23) – wenig Einfluss*
1/2 Abweichungen mit mittlerem Einfluss
Zum Z5 näherer Winkel mit entferntem kurzen Schenkel: Winkel zu Bezugspunkten in der Nähe des Z5, z.B. unterer Goniomwinkel: elf Messungen mit QuickCeph® 2000 MW 144,43 (SD 3,72) / noXrayCeph® MW 132 (SD 4,25) – mittlerer Einfluss**
1/3 Abweichungen mit viel Einfluss
Zum Z5 näherer Winkel mit entferntem langen Schenkel: Winkel zu Bezugspunkten in der Nähe des Z5, z.B. oberer Goniomwinkel: sieben Messungen mit QuickCeph® 2000 MW 147,48 (SD 0,72) / noXrayCeph® MW 140,34 (SD 0,53) – viel Einfluss***
1/4 Abweichungen mit großem Einfluss
Vom Z5 entfernte Winkel mit entferntem langen Schenkel: Winkel zu Bezugspunkten in der Nähe des Z5, z.B. SNB: elf Messungen mit QuickCeph® 2000 MW 74,05 (SD 0,28) / noXrayCeph® MW 71,54 (SD 0,86) – viel Einfluss****
Klasse II – Abweichungen: Streckenmessungen
11/1 Streckenmessungen mit sehr geringem Einfluss
Vom Z5 nahe kurze Strecke mit nahen Punkten, z.B. S-Ar
11/2 Streckenmessungen mit geringem Einfluss
Vom Z5 entfernte kurze Strecke, z.B. OK I zu A-Pog
11/3 Streckenmessungen mit mittlerem Einfluss
Vom Z5 entfernte lange Strecke, z.B. N-Me: QuickCeph® 2000 MW 125,13 mm (SD 5,95) / elf Messungen mit noXrayCeph® MW 118,94mm (SD 0,98) – mittlerer Einfluss**
11/4 Streckenmessungen mit großem Einfluss
Vom Z5 nahe lange Strecke, z.B. S-tgo: QuickCeph® 2000 MW 81,07mm (SD 4,6) / noXrayCeph® MW 69,32mm (SD 1,94)
Klasse III – Abweichungen: Proportionsmessungen
III/1 Verhältnis von vertikalen Strecken
Strecken nah zum Z5 zu Strecken fern zum Z5, z.B. ratio S-tgo zu N-Me, Z5 nah werden relativ gesehen stärker vergrößert als Z5 fern, wodurch z.B. die ratio im FRS vergrößert wird
III/2 Proportionsmessung vertikal nur fern zur Z5-Achse
III/3 Proportionsmessungen nur horizontal zur Z5-Achse
III/4 Proportionen horizontal und vertikal zur Z5-Achse
Diskussion
Die Ergebnisse der vorliegenden Messreihe haben gezeigt, dass die vorgestellte röntgenfreie Methode geeignet ist, reproduzierbar die kephalometrische Analyse in der Praxis durchzuführen. Außerdem lässt sich feststellen, dass hinsichtlich der Reproduzierbarkeit der Methode kein signifikanter Unterschied zwischen den Messungen, die direkt hintereinander erfolgt waren, und denen, die an verschiedenen Tagen durchgeführt wurden, bestand. Die Messungen, die durch zwei verschiedene Behandler durchgeführt wurden, zeigen deutlich nebeneinander liegende Mittelwerte und vergleichbare Standardabweichungen. Eine Aussage darüber, wie genau die wirkliche Schädelsituation mit dem FRS erfasst und reproduziert werden kann, fehlt völlig in dieser Untersuchung, weil Patientenstudien zur diesbezüglichen Abklärung aufgrund der hierfür erforderlichen mehrfachen Strahlenexposition ausscheiden mussten.
Durch die Messung der Genauigkeit und Reproduzierbarkeit mit dem neuen 3D-System wird über die Möglichkeiten der Messfehlerbetrachtung des FRS hinausgegangen. Der statistische Vergleich der Auswertungen eines FRS mit den Ergebnissen der Messungen mit der Kopfkappe fanden wir zur Beantwortung der Problemstellung nur bedingt geeignet, da eine Messfehlerbeschreibung beim FRS nur die Fehler beschreiben kann, die bei der Auswertung von einem Foto oder Bild auftreten können. Wenn das zweidimensionale Röntgenbild mehrfach ausgewertet und statisch erfasst wird, wird eigentlich nur untersucht, wie genau ein Foto analog oder nach Digitalisierung am Computer ausgewertet werden kann. Es können alle Projektions- und Aufnahmefehler in diesem Bild enthalten sein, sodass eine Auswertung wertlos ist – unabhängig davon, wie exakt die Auswertung des möglicherweise „schiefen“ Röntgenbildes auch sein mag. Die Fehlerquellen durch die Positionierung28 sind bei 10 % aller Röntgenaufnahmen so gravierend, dass diese nicht mehr auswertbar sind. Schon ab 4 Grad sind bei vier von 14 Werten signifikante Abweichungen zu finden29. Nach Bister et al.1 liegt die Grenze für eine reproduzierbare Einstellung in den Kephalostaten daher bei ± 4 Grad. Martins et al.219 stellen fest, dass insbesondere Schneidezähne sowohl bei digitalen wie auch konventionellen FRS schwierig zu messen sind und die größten Fehlerraten aufweisen.
Bei jeder Röntgenaufnahme sind geometrische Abbildungsfehler imminent, lediglich die Größe lässt sich beeinflussen. Vergrößerungen, die Entstehung von Doppelkonturen durch die Divergenz von Strahlen, Überlagerungen und Unschärfe lassen sich nicht vermeiden19. Hinzu kommen spätere Fehler bei der Auswertung. Unterschiedliche Projektionsabstände bei den Produkten verschiedener Hersteller, Differenzen in der Anatomie der äußeren Gehörgänge, unterschiedliches Einspannen des Patienten in den Kephalostat führen zu weiteren Abweichungen auf den Röntgenaufnahmen. Insbesondere die Positionierung scheint eine maßgebliche Fehlerquelle darzustellen, da der gesamte Kephalostat aufgrund der Länge der Ohroliventräger- arme und dem grazilen Aufbau eine hohe Elastizität aufweist. Durch die Resilienz der Weichteile werden weitere Ungenauigkeiten verursacht.
Ein weiteres Problem bei Röntgenaufnahmen sind Abbildungs- und Auswertungsfehler. Extreme Ungenauigkeiten treten auf, wenn beim digitalen Bild Zeile für Zeile gelesen wird und der Patient sich während des langwierigen Bestrahlens bewegt. Diese Fehlerquelle ist nicht näher bestimm- bar, weil eine Mehrfachmessung aus ethischen Gründen nicht möglich ist.
Beim Vergleich von mehreren Messungen30 werden zufällige und systematische Fehler voneinander abgegrenzt. Die zufälligen Fehler können Intra- und Interindividuell sehr unterschiedlich ausfallen. Ein systematischer Fehler liegt vor, wenn z.B. ein Wert immer größer als der wahre Wert ist. Dies ist bei FRS durch die Vergrößerung im Gegensatz zur 1:1-Registrierung gegeben. Der systematische Fehler ist bei der Erstellung der Normwerte von Schopf mit 3,6 % äußerst gering, zumal der Zentralstrahl durch den ersten oberen Molaren führt und so die Verzerrung abweichend von den normalen Geräten gleichmäßig divergierend ist. Die dann in den Praxen tatsächlich erreichten systematischen Fehler sind mit bis zu 17,6 % dagegen sehr groß. In der Literatur konnte keine Stelle gefunden werden, die eine negative Auswertung der deutlich größeren Verzerrung der Röntgenbilder mit Standardgeräten sowohl für die Diagnose als auch für die Therapie quantitativ beschreibt, beziehungsweise, dass Unterschiede z.B. nach dem Wechsel von der Universität in die Praxis überhaupt bemerkt worden sind. Bei der direkten Erfassung mit einem 3D-Scanner kann die Strecke größer oder kleiner sein, als es die wirkliche Strecke ist. Daher handelt es sich hierbei um einen zufälligen Fehler, wie er auch bei der Auswertung eines FRS beim Durchzeichnen auftritt. Den Bemühungen, den systematischen Fehler beim FRS so gering wie möglich zu halten, z.B. durch den vergrößerten Röntgen- abstand, steht hier die Eliminierung dieses Fehlers gegenüber, da keine systembedingten Verzeichnungen festgestellt werden konnten.
In der vorliegenden Arbeit wurden diese Fehlerquellen ausgeblendet und ausschließlich die Fehlerraten beim Auffinden von Punkten an einer Röntgenaufnahme mit dem Auffinden der Punkte an dem Patienten verglichen. Durch die große Übereinstimmung der Punkte an dem Probanden bei Wiederholungsmessungen scheint die softwaregesteuerte Herstellung der Mittsagittalebene sehr präzise zu sein. Zudem scheint das Verfahren zur Herstellung von Röntgenaufnahmen durch das Praxisteam sehr standardisiert zu sein – eine wichtige Voraussetzung für reproduzierbare Aufnahmen.
Die beschriebenen Fehlerquellen bei der Herstellung eines FRS scheinen bei der Magnet-Kephalometrie nicht nachweisbar zu sein, ansonsten hätten ähnliche Abweichungen, wie bei Young et al.12 beschrieben, auf- treten müssen. FRS und mit mobiler Kopfkappe erstell- te Analysen erscheinen aufgrund der in vielen Punkten reproduzierbaren Herstellung eines Magnet-Kephalogramms durchaus vergleichbar zu sein. Die Messung scheint ausreichend präzise und die technischen Feh- ler des Scanners ausreichend gering zu sein, um einen Vergleich mit einer Röntgenbildanalyse durchzuführen. Sowohl die Softwareberechnung mit DirectCeph® 1.43 als auch die Auswertung der aufgrund reproduzier- barer Positionierung im Siemens OP-10 Röntgengerät (Siemens, D-München) standardisierte erstellten FRS QuickCeph2000®, scheint aussagekräftig zu sein. Die in der vorliegenden Untersuchung kephalometrische Erfassung des Schädelaufbaus durch wiederholte Berechnung mit der Magnetanalyse entspricht statistisch gesehen der Analyse anhand der FRS.
Es bedarf einer gewissen Übung und Routine um die Punkte bei der Magnet-Kephalometrie reproduzierbar mit der Messspitze aufzufinden. Das Personal sollte diesbezüglich speziell geschult werden, da sich Fehler am Punktabgriff genauso negativ auf das Ergebnis auswirken wie bei der FRS-Auswertung.
Schlussfolgerung
In der vorliegenden Untersuchung erscheinen der Vergleich von der Auswertung eines FRS und die Vermessung desselben Probanden mit der Magnetanalyse keine gravierenden statistischen Unterschiede aufzuweisen. Dies ist umso bemerkenswerter, da die sonst üblichen Fehler in der Herstellung der Röntgenbilder durch Verzeichnung, Verwacklung, Unschärfe und Positionierungsfehler als erheblich betrachtet werden29. Da die Normwerte der klassischen Kephalometrie mit einem Gerät von 3,6 % Verzeichnung aufgestellt worden sind, die Geräte in der Praxis aber 18,6 % Abweichung aufweisen, ist die Analyse noXrayCeph mit dem Abbildungsmaßstab von 1:1 wesentlich näher an den Normwerten, als die verwendeten FRS-Geräte in den Praxen. Die Mathematik zur Rekonstruktion von mathematischen Punkten, wie XI, Basion, Artikulare und der Sella basiert auf den FRS der Universität Frankfurt/Main, Abteilung für Kieferorthopädie, Prof. Dr. Peter Schopf. Dadurch ist die Gewährleistung gegeben, dass die Grundlagenberechnungen von noXrayCeph® mit möglichst geringer Verzerrung erfolgte.
Wenn unter der Voraussetzung des ideal hergestellten FRS wichtige Aussagen für die Diagnostik und Planung getroffen werden können31, trifft dies aufgrund der Reproduzierbarkeit und der im Vergleich zur Röntgenbildauswertung vergleichbaren kephalometrischen Werte ebenso für die Magnet-Kephalometrie zu. Mit der fehlenden Verzerrung ist die Aussage für die Diagnose eher näher an den Normwerten, als die von Standardröntgengeräten in den Praxen.
Durch die Projektionsebene in der realen Mitte des Schädels kann eine kephalometrische Analyse der rechten und linken Gesichtshälfte hergestellt werden. Asymmetrien zwischen den Gesichtshälften werden somit in der Lateralprojektion gemessen. Durch das Verzichten auf Röntgenstrahlen können auch während der Wachstumsphase oder im Behandlungsverlauf beliebig viele Vermessungen durchgeführt werden. Da z.B. die Sella nicht anatomisch geortet werden kann, wird sie durch benachbarte Strukturen mathematisch berechnet. In der vorliegenden Untersuchung scheint dies gut zu gelingen. Dies muss aber nicht auf alle Patienten zutreffen, da die Sella laut Prof. Dr. Peter Schopf durch anatomische Variationen auch höher oder tiefer liegen kann. Da es sich anatomisch um einen eher statischen Punkt handelt, ist eine reproduzierbare Ermittlung dieses Punktes in vielen Fällen ausreichend.
Fazit: Die auf Magnettechnik basierende Methode mit dem noXrayCeph®-System stellt somit eine Weiterentwicklung der Kephalometrietechnik für die kieferorthopädische Diagnostik dar. Darüber hinaus gewinnt sie als 3D-Technik durch die Objektivierung der Asymmetrie, Bisslagebestimmung rechts und links, Unterkieferdarstellung rechts und links sowie den Torque von rechten und linken Schneidezähnen weiter an Bedeutung. Dank der schnellen computerunterstützten Erfassung ist eine sofortige Berechnung und Durchzeichnung in Echtzeit möglich. Der Ausdruck des Ergebnisses spart zudem Zeit, da kein Röntgenbild entwickelt oder vermessen werden muss.
Das Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden.

Dr. med. dent. Thorsten Brandt
Wiesbaden, Deutschland / Palma de Mallorca, Spanien
1985 Promotion an der Universität Kiel 1992 Fachzuerkennung Kieferorthopäde seit 1992 Entwicklung der Kephalometrie ohne Röntgenstrahlen 1993-1997 Dozent an der Universität Frankfurt seit 1994 Praxis in Wiesbaden / Geschäftsführender Gründer der Orthotec s.l. clinica ortodoncia in Palma de Mallorca, Spanien 2008 weltweite Patentanmeldung für DirectCeph® und noXrayCeph® / Doktorandenbetreuung an der Universität Frankfurt, Abteilung für Kieferorthopädie
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