Was passiert beim Kieferknacken eigentlich?
Wenn es beim Kauen, Gähnen oder Sprechen plötzlich „knackt“, kommt das Geräusch meist aus dem Kiefergelenk. Das Kiefergelenk verbindet den Unterkiefer (Mandibula) mit dem Schädel – ein hochkomplexes System aus Knochen, Knorpel und Muskeln. Zwischen den Gelenkflächen liegt eine kleine Knorpelscheibe, der Gelenkknorpel (Diskus).
Rutscht dieser beim Öffnen oder Schließen des Mundes kurzzeitig aus seiner Position, entsteht das typische Klicken oder Knacken.
Tipp: Einmaliges Knacken ohne Schmerzen ist meist harmlos – wie ein kleiner „Positionswechsel“ im Gelenk. Wenn das Knacken aber regelmäßig auftritt oder mit Druck, Reibung oder Schmerzen verbunden ist, sollten Sie das kieferorthopädisch abklären lassen.
Häufige Ursachen für Kieferknacken
- Muskelverspannungen und Stress: Viele Menschen pressen nachts unbewußt die Zähne aufeinander.
- Zähneknirschen (Bruxismus): Dauerhafte Überlastung führt zu einer ungleichmäßigen Belastung des Kiefergelenks.
- große Mundöffnung: langes Mundöffnen wie bei einer Intubation oder einer langen zahnärztlichen Behandlung, kann das Band überdehnen und zu einer Verlagerung des Discus führen.
- Unfalle oder Schläge aufs Gesicht: plötzliche schnelle, ruckartige Bewegungen des Kopfes, verursachen oft eine Discusverlagerung.
- Fehlbiss oder Zahnfehlstellung: Wenn Ober- und Unterkiefer nicht perfekt zusammenpassen, kompensiert das Gelenk
- Kiefergelenksentzündung oder Arthrose: Knacken kann ein frühes Warnzeichen sein.
- Fehlende Zähne: Schon ein fehlender Backenzahn kann den Biss verschieben.
- Kaugummikauen: Kompression des Gelenkes durch häufiges Kaugummikauen.
Praxistipp: Wenn Sie merken, dass das Knacken besonders morgens oder beim Kaugummikauen auftritt, lohnt sich eine Funktionsanalyse beim Kieferorthopäden. Je früher und je lauter es knackt, umso größer sind die Chancen den Discus zu reponieren.
Wann Kieferknacken harmlos ist – und wann nicht
Harmlos:
- nur gelegentliches Knacken: 1 bis 2 Mal pro Monat
- kein Schmerz
- kein „Blockieren“ des Kiefers
- keine Mittellinienabweichung beim Öffnen des Kiefers
Ernst nehmen sollten Sie es, wenn…
- das Knacken regelmäßig auftritt
- der Kiefer beim Öffnen „springt“ oder „hakt“
- Sie beim Kauen Schmerzen empfinden
- Sie Kopfschmerzen, Nackenverspannungen oder Schwindel bemerken.
- Tinnitus dazu kommt
- Sie nicht mehr richtig sehen.
Diese Symptome deuten auf eine Fehlfunktion (CMD – Craniomandibuläre Dysfunktion) hin. Je früher die Ursache erkannt wird, desto einfacher lässt sich der Kiefer wieder entlasten.
Kieferknacken und CMD – die unterschätzte Verbindung
Das Kiefergelenk ist eng mit der Halswirbelsäule, Kaumuskulatur und sogar der Körperhaltung verbunden. Ein gestörtes Zusammenspiel führt nicht nur zu Knackgeräuschen, sondern auch zu:
- Spannungskopfschmerzen
- Schwindel oder Ohrgeräuschen (Tinnitus)
- Nacken- und Rückenschmerzen
Ganzheitlicher Blick:
In unserer Praxis betrachten wir das Kieferknacken nie isoliert, sondern im Kontext von Haltung, Atmung und Muskelbalance. Oft bessert sich das Knacken schon nach einer Entlastung des Gelenks mit einer Schiene und einer physiotherapeutischen Begleitung.
Diagnose: So finden wir die Ursache
Ein einfaches Abhören reicht meistens nicht. Zur sicheren Diagnose gehören:
- Klinische Funktionsanalyse (Beweglichkeit, Druckpunkte, Geräusche)
- MRT Kiefergelenk
Unser Ziel: Die exakte Ursache erkennen, bevor das Gelenk noch weiter überlastet wird und ein Knochen- und Discusabbau voran schreitet.
Behandlungsmöglichkeiten bei Kieferknacken:
- Entlastungsschiene/ Aufbissschiene: Schützt Zähne und Gelenke – individuell gefertigt, meist nachts getragen
- Kiefergelenkphysiotherapie: Sanfte Mobilisation, Massage, Wärmeanwendungen und Muskeltraining.
- Muskelentspannung durch Botox: Bei starker Überaktivität des Massetermuskels kann eine gezielte Injektion helfen.
- Kieferorthopädische Korrektur: Bei Fehlbiss oder asymmetrischer Belastung durch Aligner oder feste Zahnspange.
- Ganzheitliche Therapie: Atemtraining, Stressabbau, ergonomische Haltung, Mikrobiom-Pflege, Yoga, Kryotherapie, Hyperbare Sauerstoff Therapie, Akupunktur.
Praxis-Tipp: Wärmen Sie den Kiefer morgens mit einem warmen Waschlappen oder Wärmekissen. Vermeiden Sie harte oder zähe Nahrung, bis das Gelenk entlastet ist.
Kieferknacken beim Kauen, Gähnen oder morgens nach dem Aufwachsen
Wenn das Knacken direkt nach dem Aufstehen auftritt, deutet das häufig auf nächtliches Zähnepressen hin. Das Gelenk ist morgens „verkrampft“ und bewegt sich erst im Laufe des Tages wieder flüssig.
Lösung: Eine individuell angepasste Aufbissschiene kann hier wahre Wunder wirken.
Hausmittel und Selbsthilfe:
- Wärme und Massage: Entlastet verspannte Muskulatur.
- Stressabbau: Autogenes Training, Yoga und Atemübungen
- Keine Extrembewegungen: Kiefer nicht maximal öffnen (z.B. beim Gähnen unterstützen).
- Sanft kauen: Weiche Nahrung wählen, zum Beispiel gedünstetes Gemüse, Fisch, Reis.
- Bewußt locker lassen: Zunge liegt locker am Gaumen, Zähne berühren sich nicht – das ist die Ruheposition.
Fazit: Kieferknacken ist ein Warnsignal, das Sie ernst nehmen sollten
Kieferknacken ist nicht immer gefährlich, aber es ist völlig belanglos. Es zeigt, dass Ihr Kiefergelenk unter Spannung steht oder aus dem Gleichgewicht geraten ist. Wenn Sie regelmäßig Knackgeräusche hören oder Druck im Kiefer spüren, sollten Sie das frühzeitig untersuchen lassen? Denn unbehandelt kann daraus eine chronische CMD oder Gelenkarthrose entstehen.
Ihr nächster Schritt:
Vereinbaren Sie eine Funktionsanalyse oder Beratung – besonders, wenn Sie neben dem Knacken auch Kopf- Nacken oder Ohrbeschwerden bemerken.